Altmark/Gladbeck/Herne. [sn] Wer in den 1980er-Jahren aufgewachsen ist, erinnert sich noch gut an ihn: den Commodore 64 – auch liebevoll „Brotkasten“ genannt. Mit über 12 Millionen verkauften Exemplaren weltweit war der C64 einer der erfolgreichsten Heimcomputer seiner Zeit. Heute erlebt er ein digitales Comeback: Das gemeinnützige Internet Archive stellt rund 18.000 C64-Spiele kostenlos zur Verfügung – direkt im Browser spielbar, ganz ohne Registrierung oder zusätzliche Software. Was wie ein nostalgischer Traum klingt, ist längst Realität. Doch wie findet man sich im riesigen Spiele-Archiv zurecht? SN SONNTAGSNACHRICHTEN zeigt, wie der Einstieg gelingt – und welche Titel sich besonders lohnen.
Retrowelle mit Substanz: Der C64 als digitales Kulturerbe
Mehr als vier Jahrzehnte nach seiner Einführung begeistert der C64 erneut – nicht nur technikaffine Retro-Fans, sondern auch kulturhistorisch interessierte Bürger:innen. Die Sammlung im Internet Archive umfasst exakt 17.940 Spiele, darunter zahlreiche Meilensteine der Computerspielgeschichte. Klassiker wie „Pac-Man“, „Ghostbusters“ oder „Q*Bert“ sind ebenso vertreten wie Raritäten und obskure Perlen. Die Bandbreite reicht von frühen Textadventures bis hin zu grafisch ambitionierten Actionspielen. Sogar Neuveröffentlichungen im Stil der 1980er sind darunter – entwickelt von heutigen Hobby-Programmierer:innen, die dem Look-and-Feel des C64 treu bleiben.
Anders als viele Emulatoren-Plattformen agiert das Internet Archive vollständig legal: Die Spiele werden nicht kommerziell genutzt und dienen der digitalen Bewahrung von Softwaregeschichte. Das ist medienethisch ebenso relevant wie rechtlich abgesichert.
So funktioniert das kostenlose C64-Gaming im Browser
Der Zugang ist denkbar einfach: Nutzer:innen besuchen das Internet Archive, wählen ein Spiel aus der Liste und klicken auf den Power-Knopf im oberen Fensterbereich – schon startet der Emulator. Tagesschau berichtete bereits mehrfach über vergleichbare digitale Kulturarchive, die auf Open-Source-Emulation basieren. Die Plattform funktioniert browserbasiert und ist mit Firefox, Chrome oder Safari problemlos nutzbar – auch auf älteren PCs oder Laptops.
Die Spiele laufen in einem virtuellen Fenster und lassen sich per Tastatur steuern. Viele Titel wurden ursprünglich für Joysticks konzipiert, doch über das Emulator-Menü (Aufruf mit F12) lassen sich die Eingaben umkonfigurieren. Unter „Machine Settings“ und „Joystick Settings“ kann ein eigenes Tastenlayout definiert werden. Danach wählt man unter „Joystick Device 1“ das zuvor erstellte Keyset – fertig. Dieser Schritt ist bei jedem neuen Spiel notwendig, lässt sich aber innerhalb von 30 Sekunden erledigen.
Ein kleiner Wermutstropfen: Die Benutzeroberfläche ist auf Englisch, was für einige Nutzer:innen eine Einstiegshürde darstellen könnte. Dennoch ist das Konzept niederschwellig und barrierearm – ganz im Sinne freier digitaler Teilhabe.
Empfehlungen: Diese C64-Spiele lohnen sich besonders
Unter den fast 18.000 Titeln gibt es eine Handvoll, die in keiner Sammlung fehlen dürfen. Besonders beliebt:
- „Summer Games“: Mehrere Disziplinen wie Weitsprung, 100-Meter-Lauf oder Schwimmen – ideal für Familienabende.
- „Ghostbusters“: Offizielle Filmumsetzung mit Sprachsynthese – ein technisches Wunderwerk der 1980er.
- „Choplifter“: Rettungseinsätze per Hubschrauber, die Geschick und Nerven fordern.
- „International Karate“: Zwei Kämpfer:innen, eine Matte – minimalistisch, aber spannend.
- „Archon“: Mischung aus Schach und Echtzeitduell – ein Meilenstein des Game-Designs.
Die Plattform erlaubt umfangreiche Filterfunktionen: Spiele lassen sich nach Erscheinungsjahr, Entwickler:in, Genre oder Sprache sortieren. Wer gezielt nach deutschsprachigen Spielen sucht, wird ebenfalls fündig – etwa bei Lernspielen, Textadventures oder Umsetzungen von Brettspielen.
Retro mit gesellschaftlichem Wert
Der Zugriff auf historische Computerspiele ist mehr als ein nostalgisches Hobby. Er ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe an digitaler Erinnerungskultur. Wie Spiegel Online analysierte, spielt digitale Bewahrung eine zunehmend zentrale Rolle für Bildung, Forschung und Mediengeschichte. Insbesondere für Schulen, Bibliotheken und Museen bietet das Archiv einen frei zugänglichen Fundus.
Auch für Familien kann das gemeinsame Zocken ein generationenübergreifendes Erlebnis sein. Ältere erinnern sich an ihre Jugend, Jüngere entdecken die Ursprünge heutiger Game-Mechaniken. Der Commodore 64 wird so zum Brückenbauer zwischen den Zeiten.
Ein interessantes Detail am Rande: Einige bekannte Publisher von damals – etwa Electronic Arts oder Activision – sind bis heute aktiv. Andere wie Broderbund oder System 3 sind hingegen Geschichte. Die C64-Sammlung dokumentiert damit auch den Wandel der Spieleindustrie.
Technik-Tipps für den Einstieg
Für ein optimales Spielerlebnis empfiehlt sich ein externer USB-Joystick – etwa der „The C64 Mini Competition Pro“. Wer auf die Tastatur setzt, sollte die oben beschriebene Konfiguration vornehmen. Bei Grafikproblemen hilft oft ein Wechsel des Browsers oder das Leeren des Caches.
Die Spiele starten automatisch im Emulator, benötigen keine Anmeldung und laufen stabil. Bei Ladefehlern lohnt ein zweiter Versuch – manche Titel benötigen einen Moment zum Starten, da Originaldatenbänder emuliert werden.
Fazit: Kulturgut per Klick – ohne Kosten, ohne Haken
Was früher auf Datasette geladen wurde, kommt heute mit einem Mausklick ins Wohnzimmer. Das Internet Archive schafft einen frei zugänglichen Raum für digitale Erinnerung – und stellt dabei einen echten Schatz für Retro-Fans bereit. Ob allein oder gemeinsam, zum Lernen oder Spielen: Die C64-Sammlung ist ein Stück digitale Heimat.
Die Redaktion der SN SONNTAGSNACHRICHTEN empfiehlt: ausprobieren, stöbern, staunen – denn gute Spiele altern nicht.