Altmark/Gladbeck/Herne. [sn] Der Tag, an dem das halbe Internet stillstand, war ein ungewöhnlicher Dienstag. Am 18.11.2025 fielen für viele Stunden die digitalen Lebensadern zahlloser Unternehmen und Organisationen aus. Der Grund war eine schwere technische Störung beim US-amerikanischen Großanbieter Cloudflare, einem Unternehmen, das die globale Internet-Infrastruktur maßgeblich stützt und beschleunigt. Millionen Bürger, die auf Plattformen wie X (ehemals Twitter) oder den Chatbot ChatGPT zugreifen wollten, sahen stattdessen nur kryptische Fehlermeldungen – meist den sogenannten 500-Fehler –, der signalisiert, dass der Server ein Problem hat. Dieser Vorfall muss uns wachrütteln und uns die gefährliche Konzentration der digitalen Macht vor Augen führen.
Cloudflare ist für die meisten Endnutzer ein unbekannter Riese, doch seine Dienste sind tief in unserem digitalen Alltag verwurzelt. Als sogenanntes Content Delivery Network (CDN) beschleunigt es Webseiten, indem es Inhalte weltweit verteilt und auf Servern speichert, die näher am Nutzer liegen. Wer eine Nachrichtenseite oder einen Online-Shop aufruft, bekommt die Daten nicht direkt vom Ursprungsserver, sondern oft vom nächstgelegenen Cloudflare-Server zugestellt. Fällt dieser Filter und Beschleuniger aus, wie es nun geschehen ist, bricht die Verbindung zur Quelle vieler Webseiten ab. Dies ist ein systemisches Risiko, das dringend besprochen werden muss.
Wie die Abhängigkeit unsere Stabilität gefährdet
Das dramatischste Symptom dieses digitalen Blackouts war die fast vollständige Unmöglichkeit, große Plattformen zu erreichen. Sogar der beliebte Dienst Downdetector, der eigentlich dazu dient, Störungen im Internet zu melden, war kurzzeitig nicht erreichbar, weil er selbst auf die Dienste von Cloudflare angewiesen ist. Diese Art von digitaler Monokultur sollte die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft beunruhigen. Wenn die Störung eines einzelnen Anbieters – egal, ob in Santiago (CL), London oder anderswo – solche weitreichenden Konsequenzen hat, dann ist die Ausfallsicherheit unserer kritischen Infrastruktur gefährdet.
Dieses Problem ist nicht neu. Bereits früher haben ähnliche Anbieter gezeigt, dass ein falsch gesetztes Häkchen oder eine fehlerhafte Wartung einen Dominoeffekt auslösen kann, der die digitale Souveränität ganzer Staaten in Frage stellt. Anstatt unsere Abhängigkeit von wenigen globalen Akteuren aus den USA weiter zu vertiefen, müssten europäische und deutsche Unternehmen viel stärker in den Aufbau alternativer, dezentraler Netzwerk-Infrastrukturen investieren. Es kann nicht sein, dass unser öffentliches Leben und unsere Wirtschaft bei einem CDN-Problem in die Knie gehen. Es geht hier nicht nur um ein paar Stunden ohne soziale Medien; es geht um geschäftskritische Prozesse, die Millionen von EUR an Schaden verursachen können. Ein interessanter Wikipedia-Eintrag zu Content Delivery Networks bietet hierzu eine gute Erklärung der technischen Grundlagen.
Die Lehren aus dem Cloudflare-Vorfall
Das Unternehmen Cloudflare hat die Probleme auf seiner Statusseite bestätigt und intensiv an der Behebung gearbeitet. Die Wiederherstellungsstrategie zielte darauf ab, die Hauptursache für die massiven Server-Probleme zu isolieren. Nach einigen Stunden der Unsicherheit entspannte sich die Lage langsam wieder. Doch das Vertrauen in die IT-Sicherheit und Stabilität solcher zentralen Knotenpunkte ist beschädigt. Wir Bürger und die Wirtschaft brauchen von den Anbietern eine klare und nachvollziehbare Erklärung, um solche Ereignisse zukünftig zu vermeiden.
Es ist eine kritische Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Monopolstellungen im Internet vermieden werden. Kleine und mittlere Unternehmen sollten angehalten werden, sogenannte Multi-CDN-Strategien zu verfolgen, also ihre Webseiten über verschiedene Dienste abzusichern. Es ist fahrlässig, das gesamte digitale Ei in nur einen Korb zu legen.
Der Vorfall zeigt auch, wie verwundbar wir alle in unserer hochvernetzten Gesellschaft sind. Ein Ausfall kann nicht nur den Zugriff auf Unterhaltung blockieren, sondern auch den Kontakt zu wichtigen Dienstleistern, Banken oder sogar Notfall-Informationen kappen. Lesen Sie hierzu mehr in unserer Rubrik Wirtschaft. Wie die Tagesschau zu einem ähnlichen Vorfall berichtete, sind die Auswirkungen oft global und sofort spürbar.
Für alle, die sich intensiv mit dem Thema digitale Risiken und Datensicherheit auseinandersetzen möchten, gibt es auch informative Literatur zum Thema Cyber-Sicherheit, welches die komplexen Zusammenhänge erklärt. Abschließend muss man festhalten: Die digitale Infrastruktur ist heute so kritisch wie die Wasser- oder Stromversorgung.
Die Abhängigkeit von Einzelakteuren ist ein inakzeptables Risiko für die gesamte Gesellschaft,
kommentierte ein Sprecher eines Branchenverbandes. Die Lehre aus diesem Cloudflare-Ausfall muss sein, dass wir mehr Dezentralität und Transparenz im Netz fordern. Ohne eine Diversifizierung der kritischen Knotenpunkte bleiben wir alle Spielball der Technik. Diese Verantwortung tragen nicht nur die Anbieter, sondern auch die Nutzer und die gesetzgebenden Organe. Wir müssen die Digitalisierung kritisch begleiten.
























