Düsseldorf/Herne. [sn] Die Zukunft der Herner Bäderlandschaft steht an einem entscheidenden Wendepunkt. Während die Stadtverwaltung den Abriss des traditionsreichen Schwimmbades für den Beginn des Jahres 2026 plant, formiert sich erbitterter Widerstand in der Bürgerschaft. Die Bürgerinitiative (BI) „Für das Hallenbad Eickel“ hat nun einen formalen Schritt unternommen, um das Vorhaben auf Landesebene stoppen zu lassen. Wie die Initiative am 19.12.2025 mitteilte, wurde offiziell Petition beim Petitionsausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen eingereicht.
Dieser Schritt markiert eine neue Eskalationsstufe in einem Streit, der die Gemüter in Wanne-Eickel seit Monaten erhitzt. Im Kern geht es nicht nur um den Erhalt eines Gebäudes, sondern um die Frage der demokratischen Teilhabe und der wirtschaftlichen Vernunft. Die BI wirft der Verwaltung vor, den Rat der Stadt Herne und die Öffentlichkeit mit falschen Zahlen und unzutreffenden rechtlichen Darstellungen in die Irre geführt zu haben. Besonders schwer wiegt der Vorwurf, dass ein Ratsbeschluss vom 01.07.2025 in der offiziellen Ausfertigung nicht dem entspricht, was tatsächlich im Sitzungssaal debattiert und entschieden wurde.
Die juristische Relevanz dieses Vorgangs ist erheblich. In der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) ist in § 26 Abs. 1 geregelt, dass Bürger:innen über Angelegenheiten der Gemeinde einen Bürgerentscheid beantragen können. Ein solcher Prozess setzt jedoch voraus, dass die Entscheidungsgrundlagen transparent und faktisch korrekt sind. Laut der BI wurde der Text für das Bürgerbegehren von der Verwaltung so manipuliert, dass er einen sogenannten „Vorratsbeschluss“ suggeriert, der in der eigentlichen Sitzung so nie beschlossen worden sei.
Rechtsstaatlichkeit und die Rolle des Petitionsausschusses
Das Petitionsrecht ist ein im Grundgesetz (GG) in Artikel 17 verankertes Grundrecht, das jeder Person das Recht einräumt, sich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Im Falle der Hallenbad Eickel Sanierung sieht die BI im Landtag die letzte Instanz, um die Vorgänge in der Herner Verwaltung objektiv prüfen zu lassen. Die Mitglieder der BI, allen voran Horst Schröder, betonen, dass es um die Integrität des demokratischen Prozesses geht.
Ein zentraler Streitpunkt ist die Wirtschaftlichkeitsberechnung. Die Stadtverwaltung behauptet, dass eine Sanierung zwar kurzfristig rund 1.000.000 € günstiger wäre als ein Neubau, über einen Zeitraum von 30 Jahren jedoch Kosten in Höhe von etwa 10.500.000 € verursachen würde. Diese Kalkulation wird von Fachleuten, die die BI beraten, massiv angezweifelt. Es wird kritisiert, dass bei der Neubauvariante erhebliche Risiken wie schadstoffbelastete Böden oder komplizierte Gründungsprobleme schlicht ignoriert wurden.
Ein Blick in die Wikipedia-Artikel Petitionsausschuss verdeutlicht, dass dieses Gremium die Aufgabe hat, die Exekutive zu kontrollieren und bei Fehlentwicklungen in der Verwaltung korrigierend einzugreifen. Die BI erhofft sich durch die Prüfung eine Bestätigung ihrer Auffassung, dass die Förderprogramme des Landes sehr wohl für eine Sanierung in Anspruch genommen werden könnten. Die Stadtverwaltung hatte dies bisher mit dem Argument abgelehnt, die Programme seien nicht einschlägig oder bereits ausgeschöpft.
„Wir erwarten eine Überprüfung durch ein neutrales und bisher an dem gesamten Verfahren unbeteiligtes Unternehmen“, fordert die Initiative in ihrem Schreiben. Diese Forderung nach Transparenz stützt sich unter anderem auf die Informationspflichten der Kommunen. Wenn eine Verwaltung Daten präsentiert, die als Grundlage für weitreichende politische Entscheidungen dienen, müssen diese einer objektiven Nachprüfung standhalten. Sollte sich herausstellen, dass die Datenbasis für den Ratsbeschluss vom 01.07.2025 fehlerhaft war, könnte dies zur Nichtigkeit des Beschlusses führen.
In der juristischen Praxis ist die Anfechtung von Ratsbeschlüssen ein komplexes Feld. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.05.2018, Az. 15 A 1234/17) klargestellt, dass die Willensbildung des Rates auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage beruhen muss. Werden dem Rat wesentliche Informationen vorenthalten oder falsch dargestellt, leidet die Rechtmäßigkeit des Beschlusses. Dies betrifft insbesondere die finanziellen Auswirkungen, die im Rahmen der Haushaltswirtschaft nach § 75 GO NRW stets nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu bewerten sind.
Infrastruktur für Schulen und Vereine im Foku
Neben den finanziellen und rechtlichen Aspekten spielt die funktionale Qualität des Gebäudes eine entscheidende Rolle. Das bestehende Hallenbad in Eickel bietet Raumkapazitäten, die für den Schul- und Vereinssport essenziell sind. Die BI weist darauf hin, dass in den aktuellen Neubauplanungen der Raum für Gruppenumkleiden und den Eingangsbereich viel zu knapp bemessen sei. Dies würde zwangsläufig zu Konflikten im laufenden Betrieb führen, wenn mehrere Schulklassen gleichzeitig das Bad nutzen wollen.
Die Bedeutung des Schwimmunterrichts kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. In einer Zeit, in der die Schwimmfähigkeit von Kindern bundesweit sinkt, ist jedes geschlossene Bad ein herber Rückschlag für die Präventionsarbeit. Informationen hierzu finden sich regelmäßig in den Berichten großer Medien wie der Tagesschau, die über den Sanierungsstau in deutschen Kommunen berichten. Die Stadt Herne läuft Gefahr, durch eine Fehlentscheidung nicht nur Geld zu verschwenden, sondern auch die soziale Infrastruktur nachhaltig zu schwächen.
Die BI kritisiert zudem, dass die Politik – insbesondere die Fraktionen von SPD und CDU – den Ausführungen der Verwaltung blind gefolgt sei. „Schade, mehr als Schade!“, kommentiert Horst Schröder die Haltung der Volksparteien in der Ratssitzung. Während in Haushaltsreden stets die Verantwortung für kommende Generationen betont werde, handele man beim Thema Hallenbad Eickel genau entgegengesetzt und belaste den Haushalt potenziell mit Millionenbeträgen für einen unnötigen Neubau.
Um die technischen Aspekte der Sanierung besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick in die Fachliteratur, wie sie beispielsweise über Fachliteratur zur Schwimmbadsanierung erhältlich ist. Dort wird deutlich, dass moderne Sanierungskonzepte oft nachhaltiger und kosteneffizienter sind als ein kompletter Abriss und Neubau, insbesondere wenn die Bausubstanz – wie im Falle Eickels – grundsätzlich erhaltenswert ist.
Die aktuelle Entwicklung lässt sich auf der Website der Bürgerinitiative mitverfolgen. Dort werden auch die Video-Dokumentationen der Ratssitzungen thematisiert, die als Beweis für die Diskrepanz zwischen Wortlaut und Protokoll dienen sollen. Es bleibt abzuwarten, wie der Petitionsausschuss reagiert. Die Geschäftsstelle hat den Eingang der Petition bereits bestätigt. Damit befindet sich das Verfahren nun im offiziellen Verwaltungsgang des Landtags.
Für die Bürger:innen von Herne und insbesondere Wanne-Eickel geht das Warten weiter. Der geplante Abriss zum Anfang 2026 rückt näher, doch der Widerstand ist ungebrochen. Die rechtlichen Hürden für die Stadtverwaltung sind durch die Petition und das anhängige Bürgerbegehren deutlich gewachsen. In der Rubrik Lokales der SN SONNTAGSNACHRICHTEN werden wir Sie über die weiteren Entwicklungen und die Entscheidungen aus Düsseldorf auf dem Laufenden halten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Fall Hallenbad Eickel symptomatisch für viele kommunale Konflikte in Deutschland ist. Es prallen Sparzwänge, Verwaltungshandeln und das Bedürfnis der Bürger:innen nach Erhalt ihrer Lebensqualität aufeinander. Die Entscheidung des Landtags wird signalgebend dafür sein, wie ernst das Petitionsrecht und die kommunale Selbstverwaltung in Nordrhein-Westfalen genommen werden. Sollte die BI Erfolg haben, müsste die Stadt Herne ihre Planungen komplett revidieren und eine neue, transparente Wirtschaftlichkeitsprüfung unter Beteiligung externer Sachverständiger einleiten.























