Altmark/Gladbeck/Herne. [sn] Wer den aktuellen Newsletter des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vom 20. Juli 2025 aufmerksam liest, kann sich eines mulmigen Gefühls kaum erwehren. Der Ton ist schrill, die Botschaften extrem, und die Wortwahl erinnert stellenweise mehr an Agitprop als an verantwortungsvolle Politik. Von „wahnsinniger Hochrüstung“ und einer „verlogenen NATO-Propaganda“ ist die Rede, von einem „Kanzler Merz“, der angeblich Deutschland in den Krieg führen wolle. All das verpackt in einem Duktus, der jede Form sachlicher Auseinandersetzung vermissen lässt.
Frieden fordern, aber Putins Interessen bedienen?
Besonders erschreckend: Die Partei fordert explizit die Aufhebung der Russland-Sanktionen und den Wiederaufbau der Pipeline Nord Stream. In der Konsequenz hieße das nichts anderes, als den Kreml mit Milliarden für seine Kriegsmaschinerie zu versorgen. Wer solche Forderungen stellt, ignoriert nicht nur die Realität eines brutalen Angriffskrieges, sondern macht sich zum Sprachrohr der Interessen eines Kriegsverbrechers. Nord Stream ist kein Symbol für Frieden, sondern für geopolitische Abhängigkeit. Die Idee, Deutschland solle sich ausgerechnet jetzt wieder in Putins Energieabhängigkeit begeben, ist verantwortungslos.
Die Vorstellung, durch Dialog und Verhandlung mit einem Aggressor Frieden zu erreichen, der seit Jahren Völkerrecht bricht, zeugt von politischer Naivität. Putins Russland führt einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, unter Einsatz systematischer Gewalt gegen Zivilbevölkerung. Wer in diesem Kontext diplomatische Gleichrangigkeit fordert, verkennt Ursache und Wirkung.
Waffenlieferungen oder Kapitulation?
Das BSW behauptet, Deutschland werde durch Waffenlieferungen zum Kriegsakteur. Das ist falsch. Völkerrechtlich ist es legitim, einem angegriffenen Staat Hilfe zur Selbstverteidigung zu leisten. Genau das tun NATO und EU, ohne selbst zur Kriegspartei zu werden. Der Internationale Gerichtshof und die UN bestätigen das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine.
Wenn Deutschland keine Waffen liefert, heißt das nicht Frieden – sondern Putins Sieg. Der BSW-Kurs läuft auf Kapitulation hinaus und auf das Preisgeben der europäischen Sicherheitsordnung. Auch die Lieferung von Taurus-Raketen wird durch militärische Notwendigkeit begründet, nicht durch Eskalationswille. Die Bundeswehr agiert nicht aktiv im Kampfgebiet, und die technische Unterstützung erfolgt in Abstimmung mit Partnern.
Populistische Verdrehungen: Die Mär vom sozialen Kahlschlag
BSW behauptet, die Aufrüstung werde durch massive Sozialkürzungen bezahlt. Auch das ist irreführend. Zwar gibt es eine Umverteilungsdebatte, aber die Haushaltskonsolidierung betrifft viele Bereiche, auch ineffiziente Subventionen oder bürokratische Parallelstrukturen. Eine Verknüpfung zwischen „Waffen statt Kitas“ ist populistische Rhetorik ohne reale Grundlage. Der Bildungsetat wurde 2025 erhöht. Rentenanpassungen und Bürgergeldreform sind politisch umstritten, aber nicht auf Verteidigungsausgaben zurückzuführen.
Was bedeutet Souveränität?
Sahra Wagenknecht beklagt, Deutschland sei zu abhängig von den USA und solle seine Souveränität wiedergewinnen – durch Nähe zu Russland. Das ist ein gefährlicher Trugschluss. Energieunabhängigkeit heißt heute Diversifizierung – nicht Rückschritt in autoritäre Lieferverhältnisse. Die LNG-Terminals, die von den USA beliefert werden, dienen der Versorgungssicherheit, nicht politischer Erpressung. Das Gegenteil war mit Russland der Fall.
Wagenknechts Forderung nach Aufhebung der Sanktionen gegen Russland steht in direktem Widerspruch zu den Beschlüssen der UN-Vollversammlung und der EU. Die Sanktionen sind keine Willkür, sondern eine Reaktion auf massive Völkerrechtsbrüche. Wer sie aufheben will, setzt ein Zeichen der Schwäche.
BSW zwischen AfD-Nähe und Opfermythos
Ein weiterer Punkt im Newsletter: Man sei das Opfer einer „Sommerlochdebatte“, weil CDU, FDP und Grüne eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz prüfen lassen. Tatsache ist: Das Bundesamt handelt auf Grundlage definierter Kriterien. Wenn eine Partei systematisch Desinformation betreibt, Demokratiefeindlichkeit relativiert oder mit antipluralistischen Kräften wie der AfD offen taktische Kooperationen eingeht, ist das kein Märchen, sondern ein legitimes sicherheitspolitisches Interesse.
Die Aussagen, man sei Opfer einer „hysterischen Meinungsdiktatur“, greifen die Grundordnung an, die Meinungsfreiheit überhaupt erst schützt. Wer kritisiert wird, ist nicht automatisch zensiert. Im Gegenteil: Der BSW-Newsletter zeigt, wie frei und ungehindert die Partei kommunizieren darf. Nur ist Freiheit kein Freibrief für Faktenverzerrung.
Fachkräftemangel: Analyse oder Ablenkung?
Auch zum Thema Arbeitsmarkt hat das BSW Position bezogen: Angeblich sei der Fachkräftemangel ein Mythos. Doch dieser Widerspruch zur Realität ist schwer erklärbar. Während die Wirtschaft alarmiert ist, werden Zahlen kleingeredet. Zwar stimmt: Es gibt Missstände im Bildungssystem und ungenutzte Potenziale. Aber ohne Zuwanderung, Qualifizierung und Strukturreform wird die demografische Lücke nicht zu schließen sein. Das anzuerkennen wäre ehrlicher als einfache Schuldzuweisungen.
Spenden, Shop, Symbolpolitik
Zum Ende des Newsletters wird – wenig überraschend – zur Spende aufgerufen und der Friedensbär beworben. Damit bleibt das BSW auf einem Level, das eher nach Merchandise-Kampagne als nach Staatskunst aussieht. Vielleicht sollte man es dabei belassen. Die Bürgerinnen und Bürger brauchen keine populistische Symbolpolitik mit Teddy und Telegram-Kanal, sondern solide Konzepte und verantwortliche Führung.
Wie die Tagesschau und andere Leitmedien analysieren, entstehen populistische Narrative wie die des BSW nicht im luftleeren Raum – sie speisen sich aus Angst, Desinformation und gezielter Emotionalisierung. Es ist Aufgabe einer mündigen Gesellschaft, diesen mit Fakten zu begegnen.