Altmark/Gladbeck/Herne. [sn] Wer sich in der eigenen Wohnung durch Geruch, Qualm oder Feinstaub aus der Nachbarschaft beeinträchtigt fühlt, sucht schnelle Abhilfe und rechtssichere Wege. Maßgeblich ist, ob die Einwirkungen wesentlich sind und damit die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten. Entscheidend wird am Ende selten der schlagfertigste Brief, sondern die belegbare Tatsachenlage: Häufigkeit, Dauer, Intensität, das Eindringen in Wohnräume und die konkrete örtliche Situation. Der rechtliche Rahmen ist klar, die Durchsetzung verlangt Sorgfalt. Wer ruhig, dokumentationsstark und juristisch präzise vorgeht, setzt Unterlassung oder Anpassungen eher durch als der:diejenige, die nur empört schreibt. Ein praxisnaher Ersteinstieg in die Materie lässt sich über einen aktuellen Ratgeberbeitrag eines großen Nachrichtenportals gewinnen; er betont den gestuften Weg von der Ansprache über die fachliche Kontrolle bis zur Behörde: Rechtliche Lage bei Kaminrauch. Ergänzend lohnt ein Blick auf die gesundheitliche Dimension und die Rolle von Kleinfeuerungsanlagen, die nach belastbaren Daten öffentlicher Stellen einen erheblichen Anteil an der Feinstaubbelastung tragen. Betroffene sollten darum parallel zur Kommunikation mit der Nachbarschaft die eigene Beweislage aufbauen und vorläufige Schutzmaßnahmen ergreifen, ohne das eigentliche Problem an der Quelle aus den Augen zu verlieren. Ein neutraler Überblick zu Bewertungsmaßstäben für Gerüche ist technisch, aber hilfreich; er ordnet zum Beispiel das Kriterium der Geruchsstunde und typische Schwellenwerte ein: Geruchsimmissions-Richtlinie.
Rechtslage: Unterlassung nach § 1004 in Verbindung mit § 906 Bürgerliches Gesetzbuch, Duldungspflichten, Ausgleich und die Rolle der Gerichte
Der zivilrechtliche Ausgangspunkt ist einfach und streng: Gegen wesentliche, also unzumutbare Einwirkungen von einem benachbarten Grundstück besteht ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit § 906 Bürgerliches Gesetzbuch. Das umfasst Rauch, Gerüche, Ruß, Staub und Feinstaub. Wesentlichkeit ist keine mathematische Größe, sondern das Ergebnis einer wertenden Betrachtung aus Sicht eines objektiven Dritten, die Intensität, Dauer, Häufigkeit und die konkrete örtliche Lage berücksichtigt. Bei unwesentlichen oder ortsüblichen Einwirkungen greift eine Duldungspflicht; überschreiten die Einwirkungen zwar nicht die Schwelle zur Unzumutbarkeit, führen aber zu wirtschaftlich untragbaren Nachteilen, kommt ein Ausgleich in Geld nach § 906 Absatz 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch in Betracht.
Die Rechtsprechung hat diese Grundsätze für Rauch und Geruch konkretisiert. Herausragend ist die Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs zum Tabakrauch auf Balkonen. Der Gerichtshof betont, dass Tabakrauch die Nutzung der Wohnung und des Balkons der benachbarten Partei in relevanter Weise beeinträchtigen kann. Der Unterlassungsanspruch ist dann eröffnet, wobei der übliche Interessenausgleich praktisch über zeitliche Gebrauchsregeln erfolgt. Leitsatzartig gilt: Nichtraucher:innen müssen unerhebliche Einwirkungen hinnehmen; bei wesentlichen Beeinträchtigungen ist zu unterlassen oder zeitlich zu steuern. Der Gerichtshof formuliert zugleich das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme als tragenden Grundsatz. Für die Praxis bedeutet dies: Wer Unterlassung verlangt, muss die konkret zu untersagende Einwirkung so bestimmen, dass sie vollstreckbar ist; oft bietet sich eine Kombination aus klaren Zeitfenstern, Abständen und technischen Auflagen an. Vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2015 – V ZR 110/14, NJW 2015, 2023, insbesondere Rn. 13 (Leitgedanke Wesentlichkeit und Ausgleich durch Zeitregeln), sowie die amtliche Pressemitteilung, die den Ansatz der zeitlichen Gebrauchsregel zusammenfasst. Diese Entscheidung klärt zwar Tabakrauch im Verhältnis von Mieter:innen, sie trägt vom Grundsatz her aber auch die zivilrechtliche Abwägung bei anderen Rauch- und Geruchssachverhalten.
Bei Rauch aus Holzfeuerungen zeigt die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, dass die Schwelle zur Unzumutbarkeit nicht leichtfertig überschritten ist, wenn behördlich abgenommene Anlagen ordnungsgemäß betrieben werden. Zugleich bleibt Raum für Abwehr, wenn Emissionen regelmäßig in Wohnräume eindringen oder technische und betriebliche Mängel vorliegen. Prägend ist eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz zu einem Holzofen, die im Ergebnis keine unzumutbaren Beeinträchtigungen erkannte; maßgeblich waren dort die konkrete Einbausituation, die Abnahme durch die zuständige Stelle und fehlende belastbare Nachweise für erhebliche Einwirkungen. Die Entscheidung zeigt: Ohne belastbare Belege bleibt die Klage schwach. Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.03.2010 – 1 A 10876/09.OVG.
Für die Bewertung von Gerüchen hat die Geruchsimmissions-Richtlinie faktisch Leitplanken gesetzt. Verfahrensrechtlich ist sie kein Gesetz, wird jedoch seit Jahren im Vollzug herangezogen und ist gerichtlich anerkannt. Verwaltungsgerichte akzeptieren sie als Entscheidungshilfe, etwa zur Frage, wann Geruchsbelastungen in Wohngebieten überschießend sind. Beispielhaft wird die Heranziehung der Richtlinie durch das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen bejaht. Damit gewinnt die Geruchsstunde als Bewertungsgröße praktische Bedeutung, auch wenn private Nachbar:innenstreitigkeiten keine behördliche Genehmigung betreffen. Vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 12.11.2008 – 12 LB 17/07; zur allgemeinen Einordnung der Richtlinie siehe außerdem die fachliche Kommentierung zur Technischen Anleitung Luft.
Neben dem Zivilrecht greifen öffentlich-rechtliche Vorgaben zur Luftreinhaltung. Die Erste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes regelt Brennstoffe, Emissionsgrenzwerte und Betriebsvorgaben für kleine und mittlere Feuerungsanlagen. Verstöße – etwa beschichtetes Holz oder ungeeignete Abfallstoffe – sind zu unterbinden; zuständig für Kontrolle und Beratung sind die Schornsteinfeger:innen. Ein offizieller Überblick des zuständigen Ministeriums bündelt die Anforderungen; der konsolidierte Verordnungstext steht verlässlich im Portal „Gesetze im Internet“ bereit.
In der Tatsachenbasis gewinnt die gesundheitliche Dimension Gewicht. Das Umweltbundesamt weist für das Jahr 2025 Holzfeuerungen als größten Anteil der Feinstaubemissionen aus Kleinfeuerungsanlagen aus und unterstreicht damit die Relevanz sachgerechten Betriebs und gezielter Nachrüstung. Diese Daten sind keine pauschale Verbotskarte, aber ein starkes Argument für Verhältnismäßigkeit: Wo technische Verbesserungen mit vertretbarem Aufwand Emissionen mindern, können Gerichte und Behörden entsprechende Auflagen eher für zumutbar halten.
Praktisch wichtig ist die korrekte Antragsfassung. Wer Unterlassung oder Anpassung begehrt, sollte die Einwirkung und den Erfolg so genau umschreiben, dass der Titel vollstreckbar ist. Statt eines pauschalen Kaminverbots empfiehlt sich der Antrag auf Unterlassung des Eindringens von Rauch und Geruch in Wohnräume, hilfsweise die Festlegung von Betriebszeiten, die Verwendung bestimmter Brennstoffe, der Nachweis einer korrekten Anheiztechnik oder die technische Nachrüstung. In Eigentümergemeinschaften treten sachenrechtliche Besonderheiten hinzu, wenn Feuerstätten ohne erforderliche Zustimmung eingebaut wurden. Für Mietverhältnisse kann zusätzlich Mietminderung neben oder nach der Unterlassung in Betracht kommen; ihre Durchsetzung verlangt aber dieselbe Beweisstärke.
Beweise, Schritte und Sofortmaßnahmen: Deeskalation, Kontrolle, Rechtsdurchsetzung – mit belastbaren Mess- und Indizketten
Die Stufe Eins ist die Deeskalation. Betroffene sprechen die Nachbar:innen schriftlich an, schildern konkret die Beeinträchtigung, bitten um Abhilfe und setzen eine angemessene Frist. Sachlichkeit und geschlechtergerechte Sprache sichern die Gesprächsbasis. Die Stufe Zwei ist die fachliche Kontrolle an der Quelle. Zuständig ist der:die Bezirksschornsteinfeger:in, der:die Betrieb, Brennstoffe, Zug und Abstände prüft und beraten kann; der Bundesverband bietet dazu niedrigschwellige Anlaufpunkte: Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks. Die Stufe Drei ist die Rechtsdurchsetzung. Bleibt die Beeinträchtigung wesentlich, wird Unterlassung beantragt oder eine behördliche Anordnung erwirkt. Der Erfolg hängt in allen Stadien an der Beweisführung. Empfehlenswert ist ein Geruchs- und Ereignistagebuch mit Datum, Uhrzeit, Dauer, Wetter, Windrichtung, Ort und Intensität, ergänzt um neutrale Zeug:innen, Fotos und, soweit möglich, Messwerte. Die Begriffe der Geruchsimmissions-Richtlinie helfen, das Protokoll konsistent zu strukturieren.
Unabhängig vom Rechtsweg dürfen Betroffene ihre Wohnqualität vorläufig sichern, ohne das Quellproblem zu verharmlosen. Ein zertifizierter Raumluftreiniger mit Partikelfilter reduziert Feinstaub und Gerüche in Innenräumen und dient der gesundheitlichen Vorsorge, während Verfahren laufen. Eine marktneutrale Auswahl ersetzt keine individuelle Beratung, vermittelt aber die Funktionalität der Geräteklassen: Luftreiniger mit HEPA-Filter. Parallel ist die Behörde Anlaufstelle, wenn der:die Betreiber:in unzulässige Brennstoffe verwendet oder Auflagen missachtet. Die Verwaltung kann Anordnungen treffen, wenn gegen die Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen verstoßen wird; ein kompakter Überblick der zuständigen Stelle findet sich hier: Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen. Für die lokale Kontextualisierung und journalistische Einordnung der Debatte vor Ort bietet sich ein Blick in die „Gericht“ Rubrik der SN SONNTAGSNACHRICHTEN an. Wer das Thema zunächst allgemein verstehen möchte, bevor juristische Schritte beginnen, findet eine niedrigschwellige Darstellung gängiger Konfliktsituationen im Alltag und deren rechtliche Bewertung in einem aktuellen Beitrag eines bekannten Nachrichtenmediums: Rechtliche Lage bei Kaminrauch.
Leitsätze und zentrale Rechtssätze zur Orientierung
- BGH, Urteil vom 16.01.2015 – V ZR 110/14 (NJW 2015, 2023, insbesondere Rn. 13): Tabakrauch kann eine wesentliche Beeinträchtigung der Wohnnutzung darstellen; der Ausgleich erfolgt regelmäßig durch zeitliche Gebrauchsregeln auf Grundlage des Gebots gegenseitiger Rücksichtnahme.
- OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.03.2010 – 1 A 10876/09.OVG: Keine unzumutbare Beeinträchtigung durch einen ordnungsgemäß betriebenen Holzofen im konkreten Einzelfall; Bedeutung der behördlichen Abnahme und fehlender belastbarer Nachweise.
- OVG Niedersachsen, Urteil vom 12.11.2008 – 12 LB 17/07: Geruchsimmissions-Richtlinie ist taugliche Entscheidungshilfe für die behördliche Bewertung von Geruchseinwirkungen; die „Geruchsstunde“ ist als fachliche Bewertungsgröße anerkannt.