Berlin / Herne. [sn] Ein Böllerverbot muss kommen, wie groß der Aufschrei der Uneinsichtigen auch immer sein mag. Wer, wenn nicht diese Bundesregierung kann, nein muss ein solches Verbot durchsetzen? Die Polizei, die Ordnungskräfte, Rettungskräfte in Feuerwehren und Rettungsdiensten, die Ärzte und Pfleger in den Krankenhäusern, die Beschäftigten in der Gastronomie, die Asthmatiker, die Umwelt, die Tiere und letztendlich die Kommunen und Länder dürfen vom Bund nicht alleine gelassen werden.
Das bundeseinheitliche Böllerverbot ist überfällig!
Keine Ausreden mehr, Böllern gehört verboten.
Fürs Böllern gibt es einfach keine „guten“ Gründe. Die gab es auch noch nie. Böllern ist einfach nur dämlich. Böllern ist auch nicht schön und wer mit Böllern Spaß verbindet, nun ja der hat Spaß haben nicht verstanden. Böller ist auch keine Kultur oder historisch begründet, denn erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist es zum Jahreswechsel in Deutschland Brauch, Raketen und Böller zu zünden. Zeit damit aufzuhören.
Böllern gefährdet Menschenleben insbesondere die Personen, die sich für den Schutz unseres Lebens einsetzen, wie Rettungskräfte und Polizisten. So fordert der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke nach den Angriffen auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht ein bundesweit einheitliches Böllerverbot. „Über ein Verbot lässt sich mindestens die Verfügbarkeit von legalem Feuerwerk einschränken und reduzieren und auch nur noch bestimmte Klassen in den Umlauf bringen, die weniger gefährlich bis gar nicht gefährlich sind“, sagte Kopelke im Interview mit dem Fernsehsender phoenix. Es gebe in Bund und Ländern ein „Wirrwarr an Regeln und Ordnungen“, so dass es für viele nicht mehr nachvollziehbar sei, was verboten und was erlaubt sei. „Das muss aufgelöst werden. Es braucht bundeseinheitliche Gesetzgebung und klare Spielregeln, auch wenn es um Pyrotechnik geht. Es reicht nicht mehr, das hat diese Silvesternacht gezeigt“, sagte Kopelke. Feuerwerk gehöre in die Hände von Pyrotechnikern, die gelernt hätten und darin trainiert seien, schöne Bilder zu erzeugen. Kopelke sprach von bestürzenden Bildern in der Silvesternacht, nicht nur aus Berlin, sondern auch aus anderen Großstädten. Im Internet gebe es schreckliche Videos, die zeigten, wie Einsatzkräfte gezielt mit Raketen und Schreckschusswaffen beschossen worden seien. Die Exzesse seien nur zum Teil als Reaktionen auf die jahrelangen Einschränkungen während der Corona-Pandemie zu erklären. Polizisten und Rettungskräfte seien gezielt in Hinterhalte gelockt worden. In ostdeutschen Städten seien Barrikaden gebaut worden, das seien keine Affekte gewesen, sondern gezielte und geplante Aktionen gegen staatliche Organe, so Kopelke. Wenn Alkohol und fehlende Sozialisierung Menschen zu derartigen Handlungen verleiten, dann muss der Staat klare Regeln vorgeben.
Zu den Gewaltvorfällen im Umfeld der Silvesterfeierlichkeiten – insbesondere in Berlin – erklärt der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Dr. Stefan Hussy: „Die Berichte über Angriffe auf Rettungskräfte und Feuerwehrleute zu Silvester schockieren. Die gesetzliche Unfallversicherung ist der Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit verpflichtet. Wir fordern daher: Diese Gewalt muss aufhören. Es darf nicht sein, dass Menschen, die anderen zu Hilfe eilen, um ihre eigene Sicherheit und Gesundheit fürchten müssen. Die Strafverfolgungsbehörden sind gefordert, die Täter zu ermitteln, damit sie im Rahmen der bestehenden Gesetze zur Rechenschaft gezogen werden können. Die Ausschreitungen in Berlin waren extrem. Die Hauptstadt ist damit jedoch keine Ausnahme. Überall im Land klagen Einsatzkräfte der Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen bereits seit Jahren darüber, im Einsatz zunehmend verbaler und körperlicher Gewalt ausgesetzt zu sein. Eine Umfrage der Feuerwehr-Unfallkasse Niedersachsen zeigte beispielsweise schon 2020: Knapp 35 % der Teilnehmenden an der Umfrage hatten als aktives freiwilliges Feuerwehrmitglied in den vergangenen zwei Jahren bereits Gewalt in Form von Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen oder tätlichen Angriffen erlebt. Im Ballungsraum Hannover war es sogar jeder zweite. Diese Entwicklung darf sich nicht fortsetzen. Die Politik ist gefordert, alle Optionen zu prüfen, um Sicherheit und Gesundheit bei Hilfs- und Rettungseinsätzen sicherzustellen. In der Diskussion um Sicherheitskonzepte darf es keine Denkverbote geben – hierbei ist auch der Umgang mit Böllern zu prüfen. Die gesetzliche Unfallversicherung, die heute bereits ihre Versicherten mit Anti-Gewalt- und Deeskalationstrainings zum eigenen Schutz unterstützt, bietet bei der Erarbeitung von Konzepten ihre Hilfe und Expertise an.“
Böllern erzeugt eine bis zu 9-fach höhere Feinstaub-Luftbelastung. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zieht eine bittere Bilanz der vergangenen Silvesternacht: Die nach zwei Jahren Corona-Pause wieder erlaubte archaische Silvester-Böllerei hat noch dramatischere Folgen gehabt als zuvor bereits befürchtet. Das gilt für die Belastung der Atemluft mit gesundheitsgefährdendem Feinstaub (PM10), die beispielsweise in München um 911 % höher lag als im Vorjahr an Silvester. Das zeigen die Auswertungen der offiziellen Messstellen. In Berlin (Frankfurter Allee) stieg der maximale Stundenwert um 205 % verglichen mit dem Vorjahr (auf 302 µg/m³). In Frankfurt (Höchst) betrug der Anstieg 382 % (auf 250,5 µg/m³), in Bremen Dobben 415 % (auf 237 µg/m³). Spitzenreiter in diesem Jahr ist München (Landshuter Allee), wo der Wert um 911 % nach oben schnellt auf 627 µg/m³.
Böllern führt zu millionenfachem Leid bei Menschen und Tieren. Feinstaub in der Atemluft führt zu schweren gesundheitlichen Folgen, wie Lungen- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ist für zehntausende vorzeitige Todesfälle pro Jahr in Deutschland verantwortlich. Dabei ist sowohl eine langfristige Belastung schädlich als auch die kurzfristige Belastung mit sehr hohen Konzentrationen, wie durch Pyrotechnik. Bei Asthmatikern führt die Staubbelastung zu teils lebensgefährlichen Anfällen. Auch Sigrid Faust-Schmidt vom Landestierschutzverband Hessen erklärt in der Frankfurter Neue Presse: „Aus Tierschutzsicht sind Silvester-Feuerwerke tatsächlich abzulehnen. Für alle Tiere, vom Haustier, Wildtier, Zootier bis zum sogenannten Nutztier bedeutet das Böllern zu Silvester Stress.“ Schlimmer werde es noch dadurch, dass das Zünden der Feuerwerkskörper nicht mehr auf die Stunde um den Jahreswechsel begrenzt sei – vielmehr versetze teils tagelanges Knallen vor und nach Silvester die Tiere mit ihrem meist empfindlichen Gehör in Dauerpanik. Und das nicht nur in der Silvesternacht, sondern auch an den Tagen rund um den Jahreswechsel. Jahr für Jahr entlaufen zahlreiche Haustiere, werden in ihrem Lebensraum aufgeschreckt, verletzen sich oder kommen zu Tode.
Die DUH fordert deshalb Bundesinnenministerin Faeser und Bundesgesundheitsminister Lauterbach zum sofortigen Handeln auf. Die Regierung müsse angesichts dieser verheerenden Nacht endlich reagieren und den Verkauf und die Benutzung von Pyrotechnik zu Silvester verbieten – so wie es im gesamten Rest des Jahres ohnehin bereits gilt. Unter www.duh.de/boellerfrei/ können sich Menschen weiterhin dem Offenen Brief an die Bundesinnenministerin anschließen.
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Unsere Befürchtungen wurden von der Realität noch übertroffen. Meine Gedanken sind bei den tausenden verletzten Menschen und ihren Angehörigen. Und ich bin fassungslos, dass selbst der Tod eines 17-Jährigen nicht zu sofortigen Reaktionen verantwortlicher Bundespolitiker führt. Bundesinnenministerin Faeser hat trotz unserer Warnungen und trotz einer klaren Mehrheit der Menschen für ein absolutes Böllerverbot die schrecklichen Folgen dieser Nacht zu verantworten. Wir haben eine Aggressivität in einer noch nie dagewesenen Form erlebt. Es ist eine Minderheit, die die Silvesternacht ausnutzt und mit Pyrotechnik die große Mehrheit terrorisiert. Opfer sind häufig auch Einsatzkräfte und vollkommen Unbeteiligte, nicht selten Kinder. Mit aller Macht kämpfen wir für eine schnelle Entscheidung für ein absolutes Böllerverbot. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat bereits klargemacht, dass eine Mehrheit das Böller-Verbot will und er diese Forderung unterstützt. Jetzt müssen aber Worten Taten folgen.“
Vom BUND, der DUH, der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der ETA Deutschland, das Deutsche Tierschutzbüro, die VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz, das TASSO, das Jane Goodall Institut Deutschland, der Deutsche Tierschutzbund, dem Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes und vielen Organisationen mehr fordern von der Politik ein endgültiges Verkaufsverbot von Silvesterkrachern und Feuerwerksraketen sowie ein bundesweites Anwendungsverbot. Und laut einer Repräsentativbefragung im Auftrag der Verbraucherzentrale Brandenburg durch Insa-Consulere im Oktober 2022 sprechen sich schon jetzt 52 % der Deutschen für ein Böllerverbot aus.
Das Böllern hat auch nichts mit der Freiheit des Einzelnen zu tun oder der Beschneidung von Grundrechten. Sobald dritte Personen, Tiere und Umwelt gefährdet werden hat die Freiheit des Einzelnen zurückzustehen. Lang lebe das Grundgesetz.
Wann wacht die Politik auf?
Schluss mit lustig! – Genug ist genug.