Gelsenkirchen / Herne. [sn] Seit im Juni 2019 die Leih-E-Roller in Herne Einzug hielten, hat sich das Stadtbild verändert. Während Oberbürgermeister Frank Dudda noch die neuen Elektroroller als praktische Alternative zum Auto feierte, wurde die E-Roller-Invasion bereits von der sachkundigen Bürgerschaft kritisiert.
So hofierte Oberbürgermeister Dudda damals die Berliner Firma Circ (ehemals Flash) und überreichte deren Deutschland-Chef Max Hüsch 50 Einzelbetriebserlaubnisse. Wie es sich gehört fand die Übergabe am Parkhotel statt. Schon damals konnte man ahnen, dass dies kein Selbstläufer werden würde. Bis auf einen, der sogar den Pflegedienst als Beispiel für den Einsatz von Elektromobilen ins Spiel brachte. „Vielleicht wird es eines Tages möglich sein, Hausbesuche nicht immer mit dem Auto zu machen, sondern vielleicht mit dem Scooter“, so Dudda damals. Dass der Oberbürgermeister ein bekennender Borussen-Fan ist, ist hinlänglich bekannt. War es da nicht klasse, dass die Signal-Iduna gleich die ersten Circ-Scooter in Herne versicherte und kräftig in Circ investierte.
Inzwischen sind Hernes Straßen übersät mit umgekippten E-Scootern, Bürgersteige werden zu Hindernisparcours und für Fußgänger wird der tägliche Weg zur Tortur. Doch damit nicht genug: Die Zweiräder blockieren nicht nur Gehwege, sondern werden oft auch an den unmöglichsten Stellen abgestellt, was vor allem für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen zu einem echten Problem wird.
Die Stadtverwaltung sieht sich immer wieder mit der Kritik konfrontiert, zu wenig gegen das Chaos zu unternehmen. Anstatt konkrete Maßnahmen zu ergreifen, wird lediglich auf die Verantwortung der E-Scooter-Unternehmen verwiesen. Die Herner Bürger sind von dieser passiven Haltung enttäuscht. „Es ist eine Schande, wie unsere Stadt von diesen E-Rollern überschwemmt wird und der Oberbürgermeister nur zuschaut“, sagt ein besorgter Anwohner. „Gerade wenn ich in der Herner Innenstadt regelmäßig wegen E-Rollern und E-Bikes zur Seite springen muss“, erklärt er weiter.
Dass von den Rollern ein Gefahrenpotenzial ausgeht, ist derweil nicht von der Hand zu weisen: Immer wieder kommt es zu Unfällen – die Zahl der tödlich verunglückten E-Scooter-Fahrer hat sich im vergangenen Jahr sogar verdoppelt, 20 Menschen starben. 8.300 Nutzer der elektrisch angetriebenen Stehroller wurden schwer verletzt, zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Trotzdem will man in Herne offenbar nichts unternehmen.
Selbst der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hatte bereits im Februar eine offizielle Empfehlung an die Branche herausgegeben, die Mitnahme von E-Scootern in Bussen und Bahnen wegen der Explosions- und Brandgefahr zu untersagen. In London, Barcelona und Madrid sei dies bereits in öffentlichen Verkehrsmitteln geschehen. Das könne jederzeit auch in Deutschland passieren. Reaktion in Herne? Gleich Null.
Zudem scheint die Lebensdauer von E-Scootern gering zu sein, wie z. B. das Umweltbundesamt berichtet. Auch für die Umwelt sind sie derzeit „kein Gewinn“, da sie laut Studien oft den umweltfreundlicheren Fuß- und Radverkehr ersetzen.
In der cleveren Nachbarstadt Gelsenkirchen ist man inzwischen weiter, hat verstanden und schreckte auch vor einem Rechtsstreit nicht zurück (den man gewann). Dort sind Leih-E-Roller inzwischen verboten, auch weil die Verleihfirmen nicht bereit waren, die Personalien der jeweiligen Nutzer zu erfassen, um sie dem Ordnungsamt zu übergeben.
Es ist höchste Zeit, dass der Oberbürgermeister Frank Dudda und die Stadtverwaltung handeln, bevor das Chaos auf Hernes Straßen weiter eskaliert und noch mehr Bürger unter der E-Roller-Flut leiden müssen. Für jeden Quatsch Fördergelder abzukassieren, ist halt kein Weg für eine erfolgreiche Politik und nachhaltige Stadterneuerung.
Erstaunlich ist auch, dass die so genannten Stadtterrassen in anderen Städten längst abgeschafft wurden und Herne (wohl wegen der Förderung) diesen Unsinn weiter betreibt.