Altmark/Gladbeck/Herne. [sn] Cola ist in Deutschland eines der beliebtesten Erfrischungsgetränke. Doch was viele Patient:innen nicht wissen: Der süße Muntermacher kann zusammen mit bestimmten Medikamenten zur Gefahr werden. Besonders riskant ist die Kombination von Antibiotika mit koffeinhaltigen Softdrinks – ein Zusammenhang, den Ärzt:innen und Apotheker:innen seit Jahren beobachten, der in der breiten Öffentlichkeit aber kaum bekannt ist.
Wenn das Enzym blockiert wird
Das Problem liegt in der Wirkung des Koffeins auf die Leber. Bestimmte Antibiotika, insbesondere die Gruppe der Fluorchinolone (Ciprofloxacin, Norfloxacin, Enoxacin), hemmen das Enzym CYP1A2, das für den Abbau von Koffein zuständig ist. Wird gleichzeitig Cola, Kaffee oder ein Energydrink konsumiert, kann der Körper das Koffein nicht mehr normal abbauen.
Die Folge: Koffein reichert sich im Blut an. Schon kleine Mengen, die normalerweise unbedenklich wären, können starke Nebenwirkungen auslösen – Herzrasen, Unruhe, Zittern, Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder verstärkten Harndrang.
„Es ist ein fataler Irrtum zu glauben, dass Cola während einer Antibiotikatherapie harmlos ist“,
sagt ein:e Klinikarzt:ärztin aus Essen. „Gerade Patient:innen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen riskieren ernsthafte Komplikationen.“
Cola ist nicht das einzige Risiko
Cola ist nur ein Beispiel für unerwartete Wechselwirkungen zwischen Lebensmitteln und Medikamenten:
- Zitrusfrüchte wie Grapefruit, Bitterorange oder Limette hemmen das Enzym CYP3A4. Dadurch wird der Abbau zahlreicher Medikamente – etwa Cholesterinsenker (Statine), Calciumkanalblocker, Immunsuppressiva und Psychopharmaka – verlangsamt.
- Milchprodukte wie Käse oder Joghurt können die Wirkung bestimmter Antibiotika (z. B. Tetrazykline) schwächen, weil Calcium die Aufnahme im Darm behindert.
- Grünes Gemüse wie Spinat oder Brokkoli kann die Wirkung von Gerinnungshemmern wie Warfarin mindern, da Vitamin K die Blutgerinnung fördert.
- Lakritze führt durch den Inhaltsstoff Glycyrrhizin zu Kaliumverlust – das beeinflusst Herzmedikamente und Diuretika.
- Sojaprodukte können die Aufnahme von Schilddrüsenhormonen stören.
Dass solche Zusammenhänge mehr Beachtung verdienen, betont auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Es verweist darauf, dass Arzneimittel immer mit Wasser eingenommen werden sollten, um Risiken zu minimieren.
Rechtlicher Rahmen und Patient:innensicherheit
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Arzneimittelgesetz (AMG) müssen Packungsbeilagen über mögliche Wechselwirkungen informieren. Gerichte haben mehrfach bestätigt, dass pharmazeutische Unternehmen für unzureichende Hinweise haftbar gemacht werden können (BGH, Urteil vom 15. März 2005 – VI ZR 289/03). Auch der Europäische Gerichtshof betonte die Bedeutung der Aufklärungspflicht (EuGH, Rs. C-310/95).
Für Patient:innen heißt das: Wer Antibiotika einnimmt, sollte den Beipackzettel aufmerksam lesen und Rücksprache mit der behandelnden Ärzt:in oder Apotheker:in halten.
„Die Einnahme von Cola während einer Antibiotikatherapie ist kein Bagatelldelikt, sondern ein unterschätztes Risiko“,
so die Deutsche Gesellschaft für Klinische Pharmakologie.
Aufklärung statt Panikmache
Die Gefahr bedeutet nicht, dass Patient:innen auf jede Tasse Kaffee verzichten müssen. Entscheidend ist die Art des Medikaments. Während Penicilline oder Cephalosporine keine bekannten Wechselwirkungen mit Koffein zeigen, sind Fluorchinolone in Kombination mit koffeinhaltigen Getränken problematisch.
Apotheker:innen empfehlen, während einer Antibiotikatherapie grundsätzlich auf Wasser zurückzugreifen und Cola, Kaffee oder Energy-Drinks zu meiden.
Cola und Medikamente sind eine riskante Kombination. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte ärztlichen Rat ernst nehmen und sich nicht auf vermeintlich harmlose Gewohnheiten verlassen. Gesundheit lässt sich nicht mit Zucker und Koffein vereinbaren.