Herne. [sn] Die Neuaufstellung des Landschaftsplans der Stadt Herne, die am 09.01.2025 in einem Bürgerdialog im Stadt Forum Herne (Bahnhofstr. 65, 44623 Herne) vorgestellt wird, sollte eigentlich eine Chance sein, die Natur- und Landschaftsschutzpolitik in der Stadt zu erneuern und zu stärken. Doch in Anbetracht einiger Geschehnisse stellt sich die Frage, wie ernst es der Stadt mit ihrem eigenen Plan wirklich ist, wenn grundlegende Regeln ständig missachtet werden und sogar staatsanwaltschaftliche Ermittlungen im Raum standen.
So ist der Fall der Baugenehmigung im Landschaftsschutzgebiet Düngelbruch besonders alarmierend. Hier wurde trotz der Schutzwürdigkeit des Gebiets eine Baugenehmigung erteilt, die später vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zunächst als rechtswidrig erklärt wurde. Diese Entscheidung war keine Überraschung, da das Düngelbruch-Gebiet seit Jahrzehnten im Landschaftsschutz steht. Doch statt sich dem Urteil zu beugen und den Bau zu stoppen, ging die Stadt in Berufung – sogar bevor die schriftliche Urteilsbegründung vorlag. Dies wirft ernsthafte Fragen nach dem Verwaltungshandeln auf. Noch gravierender waren jedoch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Korruption im Zusammenhang mit der Erteilung der Baugenehmigung. Der Verdacht, dass wirtschaftliche Interessen über den Schutz der Natur gestellt werden, zerstört das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Glaubwürdigkeit des gesamten Planungsprozesses.
Zusätzlich zur Baugenehmigung im Düngelbruch gibt es weitere Fälle, in denen der Landschaftsplan offenkundig missachtet wird. Ein Beispiel sind die Veranstaltungen der Wewole Stiftung auf der Streuobstwiese Holper Heide. Obwohl diese Flächen laut Landschaftsplan besonders geschützt werden sollten, finden hier regelmäßig Feste statt, ohne dass der erforderliche naturschutzrechtliche Rahmen beachtet wurde.
Auch das Rock-Spektakulum am Stennert, das seit Jahren in einem Landschaftsschutzgebiet stattfindet, zeigt, dass die Stadt ihre eigenen Regeln nicht durchsetzt. Der Lärm und die Menschenmassen stehen in direktem Widerspruch zu den Auflagen des Landschaftsplans.
Erschreckend ist, dass sich diese Liste fortführen lässt.
In all diesen Fällen wurde der Naturschutzbeirat, der laut Gesetz vor wichtigen Entscheidungen angehört werden muss, nicht beteiligt.
Die eigentliche Motivation der Stadt für die Neuaufstellung des Landschaftsplanes scheint die Suche nach neuen „Baulücken“ zu sein.
Zum alten Landschaftsplan gibt es weit über 20 rechtskräftige Änderungsverfahren u.a. mit neuen Schutzausweisungen. Zur Verbesserung des Landschaftsschutzes ist eine Neuaufstellung grundsätzlich nicht erforderlich. Nachteilig ist auch, dass ein neuer Landschaftsplan nach der Bekanntmachung beklagt werden kann, während der alte bereits seit Jahrzehnten rechtskräftig ist.
Am 09.01.2025 lädt die Stadt nun zum Dialog zur Neuaufstellung des Landschaftsplans ein. Dies wäre der Moment, die Bürger über die Maßnahmen zu informieren und einen transparenten Prozess zu gewährleisten. Doch angesichts der laufenden Rechtsverstöße und Ermittlungen stellt sich die Frage, wie ernst dieser Dialog tatsächlich gemeint ist. Werden die Belange des Naturschutzes wirklich respektiert, oder handelt es sich nur um eine formale Veranstaltung, während hinter den Kulissen weiterhin Bauprojekte und Großveranstaltungen in sensiblen Gebieten genehmigt werden?
Es ist an der Zeit, dass die Stadt Herne konkrete Maßnahmen ergreift, um den Landschaftsplan konsequent umzusetzen. Wenn der Dialog im Januar mehr sein soll als nur ein Lippenbekenntnis, müssen klare Antworten auf die Fragen gegeben werden, die die Bürger bewegen: Warum werden Schutzgebiete nicht geschützt? Warum wird der Naturschutzbeirat übergangen? Und welche Konsequenzen hat es, wenn die Stadt gegen ihre eigenen Vorgaben verstößt?
Ohne eine echte Auseinandersetzung mit diesen Fragen wird der neue Landschaftsplan das Vertrauen der Bürger nicht zurückgewinnen – und die Natur in Herne wird weiter den Interessen geopfert, die nichts mit ihrem Schutz zu tun haben.
Hinweis der Redaktion: Auf unsere Anfrage hin war die Stadtverwaltung nicht bereit, zu diesem Sachverhalt Stellung zu nehmen.