Gelsenkirchen. [sn] Die Erfolge des FC Gelsenkirchen-Schalke 04 im Dritten Reich sind beeindruckend: Die Fußballer wurden 1934, 1935, 1937, 1939, 1940 und 1942 Deutscher Meister, 1937 auch Pokalsieger. In jedem Pokal- oder Meisterschaftsfinale stand der Verein zwischen 1934 und 1942.
Trainer war in dieser Zeit der überzeugte Nationalsozialist Otto Faist, der gerne in Wehrmachtsuniform auftrat, wie vor dem Pokalfinale 1942.
Wohl gerade wegen dieser Triumphe wurde der FC Schalke 04 später immer wieder einer besonderen Nähe zum Nationalsozialismus verdächtigt, denn auffälligerweise wiederholten sich solche Erfolge nach dem Ende des NS-Regimes nicht. Sowohl der Verein als auch die Literatur pflegten lange Zeit das Bild des unpolitischen Fußballvereins, dessen Spieler auch im Dritten Reich nur Sportler waren. Eine differenziertere Sichtweise geht in jüngerer Zeit davon aus, dass die nationalsozialistischen Machthaber die Schalker Fußballspieler instrumentalisierten beziehungsweise vereinnahmten, also versuchten, den sportlichen Erfolg für die Propaganda des NS-Regimes auszunutzen. So passt er nur zu gut in die Ideologie der Volksgemeinschaft, die die konfliktreiche Wirklichkeit Volksgemeinschaftsideologie, die die konfliktreiche Realität verklärt, dass der Schalker Fußballverein mit seiner Basis aus Arbeitermilieu entstammt, es auch zu höchstem Ruhm bringen bringen konnte – und das ausgerechnet im Nationalsozialismus.
Wie eng man mit dem Nationalsozialismus verbunden war zeigte z. B. die Übernahme eines jüdischen Geschäftes durch Fritz Szepan, die Eheeleute Szepan zahlen für die Übernahme einen Preis von 7.000 Reichsmark. Das entsprach nicht annähernd dem Wert des eingeführten Geschäfts am Schalker Markt. Die jüdischen Besitzer Sally Meyer und Julie Lichtmann starben nach der Deportation nach Riga 1942.
Selbst die Inhaberin der gleichnamigen Vereinsgaststätte Henriette Thiemeyer, war eine Anhängerin des Nationalsozialismus. Sie trat bereits am 01.05.1933 der NSDAP bei.
Nach der Schalker Meisterschaft von 1939 wird Fritz Szepan vom Reichssportführer auch in den „Führerrat des Reichsfachamtes Fußball“ berufen.
Es kann als gesichert betrachtet werden, dass auch der FC Schalke 04 kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme jüdische Mitglieder aus dem Verein ausschloss und seiner Kontakte zu Juden entledigt. So verlor 1933 der zweite Vorsitzende, der jüdische Arzt Dr. Paul Eichengrün, wie auch andere Vorstandsmitglieder sein Amt. Man dachte, der Herkunft und dem Zeitgeist entsprechend auch beim S04 ganz deutsch und national: Als nach der ersten Meisterschaft 1934 war in der polnischen Sportpresse zu lesen, dass Schalker polnischer Abstammung seien, dementiert der Verein sofort und betont, dass es sich bei den mit polnisch klingenden Namen um deutschstämmige Masuren handele
aus den preußischen Ostprovinzen. Außerdem seien einige der Spieler „in der Partei“. Im Gegensatz zum freiwilligen Eintritt in die NSDAP konnte sich die Meistermannschaft nur schwer gegen eine Ehrenmitgliedschaft in der SA wehren.
Franz Nathan, der Leiter des Pressekomitees, wurde 1938 von den Nationalsozialisten ins Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert später gelang ihm mit seiner Familie die Flucht nach Kuba. Auch der Arzt und Unternehmer Fritz Levisohn kann fliehen, zunächst 1939 in die Niederlande, wo er sich einer Widerstandsgruppe anschließt, später aus dem KZ Amersfoort. Arthur Herz, Jugendspieler bei den Knappen, wird in der Pogromnacht 1938 durch das Fenster der elterlichen Metzgerei geworfen und später inhaftiert. Sein Leidensweg führt ihn ins Ghetto von Riga, er überlebt sieben Konzentrationslager und emigriert 1949 nach New York. Der Zahnarzt Dr. Paul Eichengrün, 1932 zum zweiten Vorsitzenden gewählt legt im April 1933 mit den Worten „Alles für Schalke! sein Amt nieder. Ihm und seiner Familie gelingt 1939 die Flucht über Großbritannien in die USA. Der Jugendspieler Alexander Ernst kann zunächst in die Niederlande fliehen, wird aber von dort nach Auschwitz deportiert wo er am 30.09.1942 ermordet wird. Der Metzger Leo Sauer unterstützt seinen S04 mit großen finanziellen Mitteln. Er finanziert unter anderem den Führerschein von Ernst Kuzorra und stellt ihn als Fahrer ein. Sauer wird am 27.01.1942 nach Riga deportiert und stirbt im März 1945 im KZ Stutthof. August Kahn, ebenfalls Metzger, pflegt beste Kontakt zu den Schalker Spielern. Er leidet zwei Jahre im KZ Theresienstadt, wo ihn die Nazis 1944 ermorden.
Der FC Schalke 04 hat gegen die Ausgrenzung und Verfolgung seiner jüdischen Mitglieder keinen wirklichen Widerstand geleistet.
Natürlich: Der Verein war nicht besser oder schlechter als die Gesellschaft um ihn herum. Denn diese Gesellschaft ließ den Judenmord geschehen, sie machte mehr oder weniger mit, sie jubelte Adolf Hitler zu – zumindest solange er erfolgreich war.
Wie man jedoch im Jahr 2024 ein Traditionstrikot etc. mit dem Wappen des FC Schalke 04 herausgeben kann, das vor allem in der Nazizeit verwendet und 1945 aus eben diesen Gründen verständlicherweise geändert wurde, ist nicht nur eine völlig krude Idee der Verantwortlichen im Marketing des Vereins sondern absolut nicht nachvollziehbar. Wie kann man als Verein oder als Verantwortlicher für das Marketing nur auf so eine völlig absurde Idee kommen? Es ist zugleich ein völlig falscher Umgang mit der Vereinsgeschichte in einer Zeit von Demonstrationen braun-blauer Sympathisanten und dem „Hamas-Terror“ – dem größten Massenmord an Juden nach dem Holocaust (der „Vernichtung der Juden in Deutschland). Da hat doch irgendwer sein Gehirn völlig ausgeschaltet?
Es bedarf keiner besonderen Intelligenz, um zu erahnen, dass solche Symbole von den falschen Gruppen im Verein vereinnahmt werden.
Das fußballerische Chaos im Verein schlägt nun auch noch in Außendarstellung und Marketing (Shop) zu. Wenn hier keine Köpfe rollen, dann ist Schalke 04 verloren. Hier muss ein deutliches Zeichen des Vorstands und des Aufsichtsrats gegen den unterschwelligen Antisemitismus in der Gesellschaft und im Verein gesetzt werden.
Was für ein Zeichen will Schalke 04 mit der Auflage dieser „Traditionsware“ setzen? Jedenfalls keines gegen Antisemitismus.
Bleibt zu hoffen, dass diese Tuchwaren dort landen, wo die rechtsextremen und nationalsozialistischen Sympathisanten in der Gesellschaft hingehören: im Müll.