Herne. [sn] Die 10‑kV‑Station am Ende der Siepenstraße ist seit Monaten ein Schandfleck im Stadtbild – und ein Symbol für Ignoranz und Behördenversagen. Trotz wiederholter Beschwerden tut sich: nichts.
Seit Monaten: Müll, Urin und Alkoholkonsum – aber keine Reaktion der Stadtwerke Herne
Bereits im April wandten sich Anwohner mit einer dringenden Bitte an die Stadtwerke Herne. Ihr Anliegen: die zunehmend verwahrloste Fläche rund um die 10‑kV‑Anlage. Die Antwort kam prompt – aber nur in Form höflicher Phrasen. Seitdem: keinerlei Handlung. Die Stadtwerke schauen einfach weg.
Inzwischen hat sich der Bereich zu einem regelrechten Angstraum entwickelt: Müll, Unrat, Uringeruch. Immer wieder finden hier nächtliche Trinkgelage statt. Am Wochenende wird dort gefeiert, getrunken, uriniert – und geschlafen. Kinder spielen tagsüber in unmittelbarer Nähe zu dieser gesundheitsgefährdenden Zone. Ein Zustand, der jedem Ordnungsamt die Schamesröte ins Gesicht treiben müsste.
„Diese Idioten urinieren ja auch in bzw. an die 10‑kV‑Anlage“, so ein Anwohner in einer weiteren E-Mail an die Stadtwerke.
Die Wortwahl ist drastisch, aber der Zustand ist es auch.

Stadtwerke Herne: Prüfen, verschieben, ignorieren
Seit der ersten Meldung sind nun über zwei Monate vergangen. Die Stadtwerke antworten weiterhin freundlich, aber ohne jede Wirkung. Die Stadtwerken schrieben an die Anwohner am 25. April: „Wir werden jetzt rechtlich und baulich prüfen, ob wir dort einen Zaun bauen können.“
Seither? Keine Reinigung, kein Zaun, kein Ordnungsdienst, keine sichtbare Maßnahme. Keine Lösung, kein Wille – nur Untätigkeit. Die Versprechen sind leer. Das ist nicht nur schlechte Kommunikation – das ist organisierte Verantwortungslosigkeit.
Was nützt es den betroffenen Anwohnern – zumeist ältere Menschen einer angrenzenden Seniorenwohnanlage – wenn monatelang „geprüft“ wird, während täglich neue Müllberge wachsen? Warum lässt man Kinder zwischen Urinlachen und Glasscherben spielen, nur weil interne Entscheidungswege blockieren?
Die Stadtwerke Herne präsentieren sich nach außen als moderner Energieversorger – tatsächlich aber verwalten sie die Verwahrlosung. Wer als Versorger seine Grundstücke so verkommen lässt, gefährdet nicht nur das Stadtbild, sondern auch die Sicherheit.
Pflichtverletzung mit Ansage?
Rechtlich gehört das Gelände zum Eigentum der Stadtwerke. Damit tragen sie nicht nur die bauliche Verantwortung, sondern sind auch verpflichtet, ihre Grundstücke ordnungsgemäß zu sichern. Gerade bei einer Mittelspannungsanlage ist der Schutz besonders zu gewährleisten. Die aktuell unterlassene Sicherung könnte – im Schadensfall – nicht nur zivilrechtliche, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Leitsatz: Eigentümer von Anlagen mit Gefahrenpotenzial haben sicherzustellen, dass keine Dritten zu Schaden kommen. Unterlassene Sicherung kann als fahrlässige Körperverletzung gewertet werden.
(Vgl. LG Essen, Urteil vom 08.04.2016 – 12 O 42/15)
Und auch das Baurecht ist eindeutig: Nach § 14 BauO NRW müssen bauliche Anlagen in verkehrssicherem Zustand gehalten werden. Wer dagegen systematisch verstößt, riskiert die Einschaltung der Bauaufsicht – oder im schlimmsten Fall der Staatsanwaltschaft.
Anwohner: „Wir fühlen uns alleingelassen“
Was sagen die Betroffenen? Wut, Frust, Resignation. Der Tenor: Man habe mehrfach gemeldet, mehrfach auf Missstände hingewiesen. Passiert sei: gar nichts.
„Wir erwarten nicht viel – nur, dass der Müll beseitigt wird und die Leute dort nicht weiter urinieren und saufen. Ist das zu viel verlangt?“, sagt ein Bewohner der Seniorenanlage.
Es ist erschütternd, dass Bürger in einer Stadt wie Herne derart allein gelassen werden – und zwar ausgerechnet von einem städtischen Unternehmen, dessen Aufgabe eigentlich die Daseinsvorsorge ist.
SN SONNTAGSNACHRICHTEN fragt: Wann wird gehandelt?
Stadtwerke-Chef Ulrich Koch ist in der Verantwortung. Es reicht nicht, Prüfungen anzukündigen oder auf mögliche Zäune zu hoffen. Es braucht sichtbare Maßnahmen – jetzt.