Gelsenkirchen/Herne. [sn] – Der 1. Juli 2025 dürfte als ein Tag in die politische Geschichte Hernes eingehen, an dem Justiz und Bürgerschaft symbolisch aufeinandertrafen: Während im Ratssaal der Stadt Herne der Abriss des traditionsreichen Hallenbades Eickel und der geplante Neubau eines Schwimmbads zur Abstimmung auf der Tagesordnung standen, versuchte ein Bezirksvertreter aus Eickel zeitgleich mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, genau diesen Punkt zu verhindern. Doch das Gericht machte kurzen Prozess – im juristischen Sinne.
Mit Beschluss vom 1. Juli 2025 (Az. 15 L 1268/25) erklärte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen den Eilantrag für unzulässig. Der Antragsteller, ein Mitglied der Bezirksvertretung Eickel, habe keine rechtliche Befugnis, auf die Tagesordnung des Rates Einfluss zu nehmen. Laut Geschäftsordnung des Rates der Stadt Herne obliegt die Erstellung der Tagesordnung dem Bürgermeister. Vorschläge zur Änderung dürfen nur Ratsmitglieder, Fraktionen oder Gruppen einreichen.
„Ein Mitglied einer Bezirksvertretung ist schlicht nicht befugt, in die Autonomie des Rates einzugreifen“, so der Leitsatz des Gerichts.
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Eine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht NRW ist möglich, wurde aber bis Redaktionsschluss nicht eingereicht.
Während die juristische Entscheidung eindeutig ausfiel, zeichnen sich in der politischen Realität andere Kräfteverhältnisse ab. Die Bürgerinitiative „Mehr Lebensqualität Herne e. V.“ hat sich offen gegen den geplanten Abriss des Hallenbads ausgesprochen und fordert die Sanierung im Bestand. In einem Schreiben an den Herner Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda, datiert auf den 29. Juni 2025, heißt es:
„Wir unterstützen die Zielsetzung der Bürgerinitiative Hallenbad Eickel aus ökonomischer, ökologischer und nachhaltiger Überzeugung.“
Diese Solidaritätsbekundung bringt frischen Wind in die Debatte – insbesondere, weil sich laut internen Informationen der SN SONNTAGSNACHRICHTEN erste Ratsmitglieder der SPD und Grünen unwohl mit der harten Linie der Stadtspitze zeigen. Auch in der Bezirksvertretung Eickel kann man inzwischen von einem „Bröckeln der Geschlossenheit“ sprechen.
Die Bevölkerung nimmt regen Anteil. Seit Wochen kursieren Online-Petitionen, Bürgerbriefe und -anträge. In sozialen Medien entlädt sich die Empörung über die geplante Zerstörung eines städtischen Wahrzeichens. Besonders scharf kritisiert wird das Tempo des Verfahrens, das viele als Überrumpelung empfinden.
Augenscheinlich versuchen Rat und Verwaltung vollendete Tatsachen zu schaffen, bevor echte Bürgerbeteiligung möglich war.
Während der Protest aus der Bevölkerung wächst, hält die Verwaltung an ihrer Linie fest. Die Tagesordnung sei rechtmäßig, der Ratsbeschluss rechtlich unangreifbar. Doch das juristische Korsett schützt nicht vor politischer Verantwortung.
Wie verschiedene Medien berichten, geraten auch andere Städte zunehmend unter Druck, wenn infrastrukturelle Großprojekte ohne ausreichende Beteiligung der Anwohnerschaft durchgeboxt werden.
In Herne spitzen sich die Fronten zu: Auf der einen Seite die Verwaltung, gestützt durch juristische Klarheit. Auf der anderen Seite eine breite Allianz aus Bürgern, Initiativen und wohl bald auch einzelnen politischen Mandatsträgern. Der Ton wird rauer, die Lager verfestigen sich.
Eindeutig unterschätzen der Oberbürgermeister und seine Mitstreiter die emotionale Bindung der Menschen an dieses Bad. Es geht hier nicht nur um Beton, sondern um Heimat.